Buchbesprechung: Eine Stadt im Krieg

Wieder einmal dürfen wir uns darüber freuen, dass „Aus den Akten auf die Bühne“ nicht nur als historisches Vermittlungsformat betrachtet wird! Alle unsere Projekte basieren auf umfangreichen Rechercheergebnissen, die die Studierenden aus eigenen, kleinen Forschungsprojekten gewonnen haben und in Form von wissenschaftlichen Aufsätzen in unseren Sammelbänden veröffentlichen. Dies war auch bei „Eine Stadt im Krieg: Bremen 1914-1918“ der Fall. Bislang sind Band 1 und Band 3 zum Thema erschienen, die nun Thorsten Logge von der Universität Hamburg umfangreich für H-Soz-Kult besprochen hat.

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Buchbesprechung: Entnazifizierung

In dem Projekt „Aus den Akten auf die Bühne“ machen die meisten Studierenden eine neue Erfahrung: Wie ist es eigentlich, wenn ich meine Arbeit nicht nur für die Augen der DozentInnen und für ein tristes Dasein in der Schublade schreibe? Zu jedem neuen Projekt entsteht ja schließlich ein Begleitband, in dem zahlreiche Beiträge von Studierenden veröffentlicht werden. Diese Bücher werden gekauft, gelesen und – wie aktuell im Fall unseres Entnazifizierungsbandes – von WissenschaftlerInnen besprochen.

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Lebendiger Geschichtsunterricht (Weser Kurier)

Lebendiger Geschichtsunterricht

Bremen zwischen Hurra-Patriotismus und Pogromstimmung: Im Theater am Leibnizplatz steht heute wieder die szenische Lesung „Eine Stadt im Krieg – Bremen 1914-1918“ auf dem Programm. Geschichtsvermittlung, unter der Leitung von Eva Schöck-Quinteros von Bremer Studierenden erarbeitet, wie sie lebendiger kaum sein könnte.

VON SIGRID SCHUER

Neustadt. „Wer sich schnell über Bremen im Ersten Weltkrieg informieren möchte und im Internet auf die ’Kleine Bremer Chronik’ stößt, herausgegeben vom Senat der Freien Hansestadt, wird verblüfft feststellen, das es für Bremen den Ersten Weltkrieg offenbar nicht gegeben hat“, sagt Eva Schöck-Quinteros. Und das, obwohl das Thema aktueller denn je ist, jährt sich doch der Beginn des Ersten Weltkrieges zum 100. Mal. Die promovierte Historikerin kooperiert mit ihren Studierenden des Instituts für Geschichtswissenschaft der Universität Bremen seit 2007 mit der Bremer Shakespeare Company. Das Konzept „Aus den Akten auf die Bühne“, das sie gemeinsam mit Peter Lüchinger erarbeitet hat, ist zu einem vollen, gleich mehrfach preisgekrönten Erfolg geworden.

Fünf verschiedene Fallstudien haben die Studierenden von Eva Schöck-Quinteros inzwischen recherchiert, die von den Schauspielern der Bremer Shakespeare Company auf die Bühne gebracht wurden. In der sechsten Ausgabe des Projektes, das so in Europa einmalig ist, beschäftigen sich die rund 20 Studierenden, ihre Dozentin und die Akteure der Shakespeare Company erstmals mit einer ganzen historischen Phase. „Eine Stadt im Krieg – Bremen 1914-1918“, so der Titel der szenischen Lesung und des von den Studierenden erarbeiteten, umfangreichen Begleitbandes, hatte jetzt im Theater am Leibnizplatz Premiere. Regisseur Peter Lüchinger hat aus rund 800 bis 1000 Seiten Aktenmaterial ein beklemmendes Stück Zeitgeschichte zusammengeschnitten.

Der Abend endet mit der Aussage einer unbelehrbaren Bremerin, die sich am 2. Januar 1919 darüber empört, dass die Arbeiter- und Soldatenräte das Infanterie-Regiment Nr. 75 entwaffnet haben und die sich sehnlichst „einen Mann wie Bismarck“ wünscht, „der die Zügel ergreift“. Ein Wunsch, der nur 14 Jahre später auf fatale Weise in Erfüllung gehen wird. „Peter Lüchinger hat es sehr genau auf den Punkt gebracht, als er sagte, dass der Zweite bereits im Ersten Weltkrieg begründet liegt“, sagt Eva Schöck-Quinteros.

In der szenischen Lesung wird auf spannende Art dokumentiert, dass all das, was Deutschland im nationalsozialistischen Regime endgültig in den moralischen Abgrund stürzte, bereits im Ersten Weltkrieg vorhanden war: Hurra-Patriotismus und Pogromstimmung, gepaart mit der verblendeten Überzeugung, dass „Deutschland das auserwählte Volk Gottes sei“, so die Bremerin, aus deren Kriegstagebüchern Theresa Rose liest. Da nutzten auch die Friedens-Appelle der Bremer Bürgerzeitung und die Protest-Kundgebungen der Bremer Arbeiterschaft nichts. Die Stimmung ist aufgeheizt, 1914 werden am Bahnhof deutsche Reservisten und Offiziere als russische Spione bezichtigt und fallen beinahe der Lynchjustiz zum Opfer. Die Pogromstimmung macht selbst nicht vor dem Bremer Stadttheater Halt, dort kündigt Direktor Hofrat Julius Otto dem russischen Tenor Juan Spivak 1914 das Engagement. Die Briefe, die theaterbegeisterte, sogenannte Kulturmenschen, an Otto schreiben, lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „Wenn Sie diese Bestie auftreten lassen, wird es einen Theaterskandal ersten Ranges geben!“ und: „Die aus feindlichen Ländern stammenden Mitglieder müssen hier verschwinden!“

Elend der Frontsoldaten spürbar

Wie stark das Publikum durch Schöck-Quinteros’ Ansatz der „Public history“, also der populären Geschichtsvermittlung an Menschen, die nicht studiert haben, in die damaligen Geschehnisse hineingezogen wird, macht das Schicksal des Arbeiterehepaares Anna und Robert Pöhland besonders deutlich, dass immer wieder hofft, sich eines Tages vielleicht doch wiedersehen zu können. In den von Markus Seuß vorgetragenen Briefen wird das ganze Elend der Frontsoldaten spürbar. „Dieser wahnsinnige Krieg. Wir haben Belgien und Frankreich verwüstet. So gerecht geht es zu in dieser herrliche Welt“, schreibt Robert sarkastisch. Erschütternd, wie er in seinen Briefen von der Front seinen Sohn darauf einschwört, die Pflichten des Familienoberhauptes zu übernehmen, wenn er fallen sollte. Denn schließlich ist alles Hoffen und Bangen am Ende doch vergebens, Petra-Janina Schultz sitzt als Roberts Frau Anna wie versteinert da, als ihr die Todesnachricht übermittelt wird.

„Eine Stadt im Krieg – Bremen 1914-18“, ist am heutigen Donnerstag, 11. April, um 19.30 Uhr zu sehen. Weitere Aufführungen : Am Montag, 15. April, und am Mittwoch, 29. Mai. Weitere Informationen unter www.shakespeare-company.com und unter Telefon 500222. Die Studierenden laden zudem am Freitag, 12. April, von 11 bis 18 Uhr zu einem Workshop ins Haus der Wissenschaft, Sandstraße 4-5 ein. Anmeldung unter esq@uni-bremen.de.

Quelle: http://www.weser-kurier.de/bremen/stadtteile/bremen-sued/neustadt_artikel,-Lebendiger-Geschichtsunterricht-_arid,543338.html

Erster Weltkrieg kommt auf die Bremer Bühne (BILD)

Spektakuläre Original-Dokumente ausgegraben

Erster Weltkrieg kommt auf die Bremer Bühne

Von BILJANA NELOSKA

Neustadt – Verletzte Soldaten werden mit Straßenbahnen durch die Stadt gefahren. Bremer Frauen sitzen zusammen, stricken warme Socken für die Frontkämpfer. Im Schauspielhaus Ostertor läuft das Stück „Die heilige Not“.

Vor 99 Jahren brach der Erste Weltkrieg aus – und veränderte das Leben der Bremer dramatisch, auch ohne Trümmer auf den Straßen. Die Shakespeare Company bringt den harten Kriegsalltag in der Hansestadt jetzt aus den Akten auf die Bühne!

Monatelang haben sich dafür Studenten der Universität in Bremens dunkle Vergangenheit eingegraben. Aus dem Staatsarchiv förderten sie erstaunliche Originaldokumente zu Tage. Alte Fotos. Feldpostbriefe. Tagebücher und Reden. Die Profi-Schauspieler von der Shakespeare Company bringen sie im Theater zum Sprechen.

Projektleiterin Dr. Eva Schöck-Quinteros vom Institut für Geschichtswissenschaften: „Der Krieg drang überall ein. Nichts blieb, wie es war.“

Die szenischen Lesungen werden in der Sprache der Zeit vorgelesen. In einem rauen Ton, der in einem Gedicht von Julius Koch hörbar wird: „Eisen ist das Wort der Zeit. Deutschlands Kraft trägt eisernes Kleid.“

Die Zuschauer werden auch mehr über den „eisernen Roland“ erfahren, der im Juli 1915 feierlich eingeweiht wurde. Gegen eine Spende durften Bremer Eisennägel in die Figur schlagen, um ihre Soldaten zu unterstützen.

Unter der Regie von Peter Lüchinger beginnt die erste szenische Lesung am 8. April im Theater am Leibnizplatz. Infos unter www.shakespeare-company.com.

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Bremer Kriegsalltag an der Heimatfront (Nordsee-Zeitung)

Bremer Kriegsalltag an der Heimatfront

Bremen. „Aus den Akten auf die Bühne“ heißt eine deutschlandweit einmalige Kooperation zwischen dem Institut für Geschichtswissenschaft an der Universität Bremen und dem Theater der Bremer Shakespeare-Company. Über das jüngste Projekt, das den Wandel Bremens während des Ersten Weltkriegs zeigt und am 8. April Premiere feiert, sprach die Initiatorin Eva Schöck-Quinteros, Historikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Bremer Uni, mit Thomas Joerdens.

Frau Schöck-Quinteros, welche Idee steht hinter dem Projekt „Eine Stadt im Krieg – Bremen 1914-1918“?

Der Zweite Weltkrieg überlagert im Bewusstsein der Deutschen den Ersten Weltkrieg. Im Unterschied etwa zu Frankreich und Großbritannien. Dabei öffnete der Erste Weltkrieg das Tor zum 20. Jahrhundert.

Auch ohne Trümmer auf den Straßen, auch ohne Teil der Front zu sein, veränderte der Krieg das Leben der Menschen in einer Stadt wie Bremen dramatisch, denn er drang überall ein. Nichts blieb wie es war. Dies wollen wir zeigen.

Woher stammen die Akten, die Sie gesichtet haben?

Zum größten Teil aus dem Staatsarchiv Bremen. Die Krankenakten kommen aus dem Archiv des Krankenhauses Bremen Ost. Eine sehr wichtige Quelle ist auch die zeitgenössische Presse. Da es fast keine Forschung zur „Heimatfront“ in Bremen gibt, mussten die Studierenden ihr jeweiliges Thema überwiegend aus den Akten erarbeiten.

Welche inhaltlichen Schwerpunkte haben Sie festgelegt?

Wir diskutierten ausführlich, was alles zur „Heimatfront“ gehört, welche Themen in anderen Studien berücksichtigt wurden. Aber letztendlich suchten sich die Studierenden ihre Themen selbständig. In der Projektgruppe arbeiteten über 20 Studierende, die unterschiedlichen Fragestellungen nachgegangen sind: Wie versuchte der Staat, die Jugendlichen zu vereinnahmen? Wo war das Kriegsgefangenenlager im Hafen? Wer hatte sich für die Errichtung des Lagers eingesetzt? Wie reagierte die Bevölkerung auf den „gefangen genommen Feind“?

Wie werden die Akten auf der Bühne zum Sprechen gebracht?

Eine Vorgabe von „Aus den Akten auf die Bühne“ war von Beginn an: Die Schauspieler lesen Originaldokumente, die der Regisseur Peter Lüchinger schneidet. Aber er schreibt nichts dazu. Die Zuschauer hören die Sprache der Menschen, der Behörden, der Presse um 1914. Das ist manchmal nicht einfach und verlangt vom Publikum viel Konzentration.

Was passiert mit den Ergebnissen?

Seit 2007 werden die Begleitbände von Lesung zu Lesung immer umfangreicher. Diesmal werden es sogar zwei Bände. Verrückt, aber es ist so. Fotos, Dokumente und die Artikel der Studierenden zeigen, wie der Krieg die Stadt und ihre Menschen veränderte.

Welches Projekt planen Sie noch?

Wir probieren im Rahmen von „Eine Stadt im Krieg“ gerade ein neues Format aus: Ein multimedialer Stadtrundgang, der im Frühjahr 2014 auf der Homepage www.stadtimkrieg.de online gehen soll. Unsere Idee: Man spaziert per Smartphone oder zu Hause am Computer durch Bremen und hört und sieht, was sich zwischen 1914 und 1918 abgespielt hat. Die Stadt wird zur Bühne, und sowohl existierende als auch nicht mehr vorhandene Orte werden sichtbar. Der Rundgang legt Vergangenes frei, ohne einen einzigen Stein anzuheben. Dieses Projekt ist bundesweit einzigartig bei der Vermittlung des Ersten Weltkrieges und könnte als Pilotprojekt für multimediale Rundgänge in anderen Städten dienen. Ich hoffe, dass wir noch genug Mittel für dieses Projekt einwerben können.

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