Bremer Kriegsalltag an der Heimatfront (Nordsee-Zeitung)

Bremer Kriegsalltag an der Heimatfront

Bremen. „Aus den Akten auf die Bühne“ heißt eine deutschlandweit einmalige Kooperation zwischen dem Institut für Geschichtswissenschaft an der Universität Bremen und dem Theater der Bremer Shakespeare-Company. Über das jüngste Projekt, das den Wandel Bremens während des Ersten Weltkriegs zeigt und am 8. April Premiere feiert, sprach die Initiatorin Eva Schöck-Quinteros, Historikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Bremer Uni, mit Thomas Joerdens.

Frau Schöck-Quinteros, welche Idee steht hinter dem Projekt „Eine Stadt im Krieg – Bremen 1914-1918“?

Der Zweite Weltkrieg überlagert im Bewusstsein der Deutschen den Ersten Weltkrieg. Im Unterschied etwa zu Frankreich und Großbritannien. Dabei öffnete der Erste Weltkrieg das Tor zum 20. Jahrhundert.

Auch ohne Trümmer auf den Straßen, auch ohne Teil der Front zu sein, veränderte der Krieg das Leben der Menschen in einer Stadt wie Bremen dramatisch, denn er drang überall ein. Nichts blieb wie es war. Dies wollen wir zeigen.

Woher stammen die Akten, die Sie gesichtet haben?

Zum größten Teil aus dem Staatsarchiv Bremen. Die Krankenakten kommen aus dem Archiv des Krankenhauses Bremen Ost. Eine sehr wichtige Quelle ist auch die zeitgenössische Presse. Da es fast keine Forschung zur „Heimatfront“ in Bremen gibt, mussten die Studierenden ihr jeweiliges Thema überwiegend aus den Akten erarbeiten.

Welche inhaltlichen Schwerpunkte haben Sie festgelegt?

Wir diskutierten ausführlich, was alles zur „Heimatfront“ gehört, welche Themen in anderen Studien berücksichtigt wurden. Aber letztendlich suchten sich die Studierenden ihre Themen selbständig. In der Projektgruppe arbeiteten über 20 Studierende, die unterschiedlichen Fragestellungen nachgegangen sind: Wie versuchte der Staat, die Jugendlichen zu vereinnahmen? Wo war das Kriegsgefangenenlager im Hafen? Wer hatte sich für die Errichtung des Lagers eingesetzt? Wie reagierte die Bevölkerung auf den „gefangen genommen Feind“?

Wie werden die Akten auf der Bühne zum Sprechen gebracht?

Eine Vorgabe von „Aus den Akten auf die Bühne“ war von Beginn an: Die Schauspieler lesen Originaldokumente, die der Regisseur Peter Lüchinger schneidet. Aber er schreibt nichts dazu. Die Zuschauer hören die Sprache der Menschen, der Behörden, der Presse um 1914. Das ist manchmal nicht einfach und verlangt vom Publikum viel Konzentration.

Was passiert mit den Ergebnissen?

Seit 2007 werden die Begleitbände von Lesung zu Lesung immer umfangreicher. Diesmal werden es sogar zwei Bände. Verrückt, aber es ist so. Fotos, Dokumente und die Artikel der Studierenden zeigen, wie der Krieg die Stadt und ihre Menschen veränderte.

Welches Projekt planen Sie noch?

Wir probieren im Rahmen von „Eine Stadt im Krieg“ gerade ein neues Format aus: Ein multimedialer Stadtrundgang, der im Frühjahr 2014 auf der Homepage www.stadtimkrieg.de online gehen soll. Unsere Idee: Man spaziert per Smartphone oder zu Hause am Computer durch Bremen und hört und sieht, was sich zwischen 1914 und 1918 abgespielt hat. Die Stadt wird zur Bühne, und sowohl existierende als auch nicht mehr vorhandene Orte werden sichtbar. Der Rundgang legt Vergangenes frei, ohne einen einzigen Stein anzuheben. Dieses Projekt ist bundesweit einzigartig bei der Vermittlung des Ersten Weltkrieges und könnte als Pilotprojekt für multimediale Rundgänge in anderen Städten dienen. Ich hoffe, dass wir noch genug Mittel für dieses Projekt einwerben können.

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